Koloniale Spuren in Augsburg

Koloniale Spuren in Augsburg

Der Begriff des Postkolonialismus weist auf die Kontinuität kolonialer Verhältnisse hin, die trotz formal-historischer Beendigung direkter Kolonialherrschaft weiterhin wirksam sind. Diese Verhältnisse sind vielfältiger Art und betreffen globale polit-ökonomische Abhängigkeitsverhältnisse ebenso wie koloniale Wissenssysteme, Subjektivität, Selbst- und Fremdwahrnehmungen. Im Stadtbild entfalten solche Verhältnisse ihre Sichtbarkeit und Wirksamkeit. Koloniale, eurozentrische Erzählungen der zivilisatorischen Überlegenheit sind erinnerungspolitisch auch in steinerne und vergoldete Denkmäler im öffentlichen Raum gemeißelt worden – einige solcher Narrationen finden sich in der hier zusammengestellten kleinen Sammlung (post-)kolonialer Spuren in der Friedensstadt Augsburg. Diese basiert zu großen Teilen auf den engagierten Vorarbeiten lokaler aktivistischer Gruppen und Individuen und wächst im Austausch und kontinuierlichen Gespräch. Sie hat zum Anspruch, (post-)koloniale Spuren zu listen und vor dem Hintergrund post-/dekolonialer Theoriebildung zu problematisieren. Dabei ist es uns aus friedenswissenschaftlicher Sicht wichtig, nicht nur koloniale Spuren aufzudecken, um Bezüge zur Vergangenheit herstellen, sondern auch aufzuzeigen, wie diese Verhältnisse in der Gegenwart reproduziert, aber auch durchbrochen werden und welche Implikationen dies für uns als Stadtgesellschaft hat.


Wir haben uns für die ‚Schatzkarte‘ als Illustration dieses Projektes entschieden, um den Mythos von El Dorado (Stadt aus Gold) aufzugreifen, in den auch die Geschichten der Fugger und Welser verflochten sind. Das ist keineswegs unproblematisch, steht die Schatzkarte doch für Ideen des „Entdeckens und Eroberns“ und damit auch der Ausbeutung und Aneignung von Ressourcen. Dabei wollen wir genau dieser ‚kolonialen Haltung‘ etwas entgegensetzen. Auf der anderen Seite lassen sich aber auch koloniale Spuren in Augsburg ‚entdecken‘. Dieses ‚Entdecken‘ ist anderer Art als das der frühen Neuzeit, weil die direkten und indirekten Folgen des Kolonialismus, die Augsburg bis heute prägen, tendenziell gesellschaftlich verdrängt werden, aber sich doch als ‚Spuren‘ im Stadtbild niederschlagen, und erst aktiv ins Bewusstsein gerückt werden müssen. Die Veranstaltungen im Rahmen dieses Projekts sollen einen Teil dazu beitragen.